Kommse rin!

by Maike Hank
Beige und weiße Hauswand mit einer Klingel, auf dessen Schild Wellness steht.

Im Juli habe ich eine Gartenparty besucht. Die Jahre zuvor hatte ich jedes Mal kurzfristig abgesagt, da mich bereits der Gedanke an rastloses Mäandern zwischen mir fremden Menschengruppen einschüchterte.

Weil ich jedoch schon länger nicht mehr mitspielen möchte in jenem Stück, in dem alle so tun als seien sie stets souverän und nicht verletzlich, ging ich dieses Mal einfach hin und führte zwar nicht mit vielen Menschen Gespräche – jedoch mit genau den richtigen.

Besonders der Austausch mit einer Malerin sowie die Stunden voller Offenheit und Wärme, die ich gemeinsam mit Jess und ihren Freund*innen verbrachte, hallen bis heute in mir nach: Wen möchte ich in meinem Leben haben? Die Meinung welcher Menschen bedeutet mir wirklich etwas? Was hemmt meinen kreativen Selbstausdruck? Wie kann ich wieder gute Bedingungen dafür schaffen? Was ist mein Antrieb, was mein Ziel? Wo und mit welchen Inhalten möchte ich mich zeigen? Welche Schreibrituale kann ich wieder etablieren?

Noch im Sommer kündigte ich die Domain meines alten Blogs und entschied mich, hier einen neuen Raum zu schaffen und mich von dem ursprünglichen Konzept zu verabschieden, das gar nicht zu mir passte. Eigentlich wollte ich hier dem Thema „Gefühle“ mehr Öffentlichkeit geben.

Das hat nicht funktioniert, denn ich wurde nicht warm damit. Zum einen, weil ich mich zu sehr hätte öffnen müssen. Zum anderen, weil es mir überhaupt nicht liegt, zu schreiben als sei ich eine Beraterin mit Erkenntnis-Essenzen zur Reichweitenstärkung auf Instagram. Nach wie vor liebe ich jedoch den Austausch über Gefühle und persönliches Wachstum – im direkten Gespräch.

Ende Oktober öffnete ich einen Brief mit fröhlicher Benjamin-Blümchen-Briefmarke, es stand sogar ‚Töröö‘ darauf. Wegen Unregelmäßigkeiten auf meinen Mammographie-Aufnahmen sollte ich noch einmal für weitere Untersuchungen vorbeikommen.

In den anschließenden sieben Tagen empfand ich Angst und Wut, hatte aber auch unerwartet viele kraftvolle Momente. Oft vergaß ich die potenzielle Krankheit, hatte Spaß und schalt mich anschließend dafür, als sei es eine Verpflichtung, bereits jetzt verzweifelt zu sein und weil ich es bisher so von mir gewohnt war. Was für eine schöne Erkenntnis, dass es möglich ist, schwer belastenden Ereignissen anders als bisher zu begegnen! Dennoch habe ich vor Erleichterung geweint ob der Nachricht, dass in meiner Brust lediglich eine harmlose Zyste wohnt.

Seither empfinde ich eine für mich ungewohnte Furchtlosigkeit gegenüber recht vielen Dingen und tiefe Dankbarkeit für vermeintlich Alltägliches.
„Ich bin im Carpe-Diem-Rausch! Wann gehen wir tanzen?“ schrieb ich einem Freund.
„Erst mal passen wir auf, dass du dir jetzt nicht im Überschwang ein Wandtattoo machst!“ schrieb er zurück, und ich nahm mir vor, lieber am nächsten Wochenende einen Text zu veröffentlichen.

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